Deutschland ist ein Land der Überstunden. Im Vergleich zur Arbeitszeit anderer EU-Länder, leisten Deutsche mehr Überstunden. So liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit zwar bei 37,7 Stunden, doch laut einer neuen Studie arbeiten die Deutschen rund drei Stunden mehr.
Eigentlich können sich deutsche Arbeitnehmer nicht beklagen: Nach Angaben einer europäischen Vergleichsstudie haben Mitarbeiter in keinem anderen europäischen Land so viele Urlaubstage wie in Deutschland. So haben deutsche Arbeitnehmer laut Arbeitsrecht durchschnittlich 40 freie Tage pro Jahr – 30 Tage sind durch ihren Arbeitsvertrag geregelt und hinzu kommen zehn bundesweite Feiertage.
Auch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 37,7 Stunden ist im Gegensatz zu anderen EU-Ländern mit durchschnittlichen 38,1 Wochenarbeitsstunden eher niedrig. Doch Deutschland soll laut EU-Arbeitskommissar László Andor noch eine weitere Spitzenposition für sich eingenommen haben:
in keinem anderen EU-Land soll die Diskrepanz zwischen vereinbarter Arbeitszeit mit dem Arbeitgeber und tatsächlich geleisteter Arbeit so groß sein, wie hierzulande. Zudem bleibt die Mehrarbeit in den meisten Fällen unbezahlt.
Mehrarbeit bedeutet Stress
Andor stützt seine Aussage auf eine Studie der Europäischen Beobachtungsstelle für die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen (Eiro). Diese wurde Ende Juni dieses Jahres veröffentlicht und besagt, dass deutsche Arbeitnehmer im Jahr 2013, statt der tariflich vereinbarten Wochenarbeitszeit von 37,7 Stunden, durchschnittlich 40,4 Stunden pro Woche gearbeitet hätten.
Im Arbeitszeitgesetz ist festgeschrieben, wie viele Überstunden zulässig sind. Laut deutschem Arbeitsrecht darf die Arbeitszeit der Arbeitnehmer pro Tag acht Stunden nicht überschreiten. Allerdings steht im Arbeitszeitgesetz auch, dass die Arbeitszeit bis auf zehn Stunden verlängert werden kann, wenn der Durchschnitt von acht Stunden pro Woche innerhalb von sechs Monaten nicht überschritten wird.
Zu viele Überstunden gelten als ungesund, können Stress fördern und zu einem Burnout führen. In den letzten Jahren ist die Zahl der Burnout Erkrankten in Deutschland deutlich gestiegen. Doch nicht nur eine erhöhte Arbeitszeit ist daran schuld. Auch weitere Faktoren, wie beispielsweise
- ständige Erreichbarkeit,
- keine erholsamen Ruhepausen,
- und andere Krankheiten
spielen dabei eine Rolle.
Wer leistet Überstunden?
Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), ebenfalls aus 2014, leisten in Deutschland rund vier von fünf Arbeitnehmern bezahlte Überstunden. Den Arbeitgeber freut es. Nach dieser Statistik sind es durchschnittlich 37 bezahlte Überstunden pro Jahr – also deutlich niedriger als das Ergebnis der europäischen Studie. Unbezahlte Überstunden leistet nach der IW-Studie jeder sechste Mitarbeiter, meistens handelt es sich dabei um allerdings Akademiker.
Aktuelle Studie
In einer weiteren aktuellen Untersuchung der Hamburger Vergütungsberatung Compensation-Online, die der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorlagen, wurden 280.000 Arbeitsverhältnisse für den Zeitraum August 2013 bis Juli 2014 ausgewertet – mit dem Ergebnis, dass jeder Arbeitnehmer rund 4,04 Stunden Mehrarbeit pro Woche geleistet hat.
Im Vorjahr waren es laut Studie noch 4,39 Stunden pro Woche. Auch würde die Mehrarbeit hauptsächlich durch Freizeit oder mit entsprechender Vergütung ausgeglichen.
EU-Arbeitskommissar László Andor, der mit seiner Aussage über die Überstunden in Deutschland eine weitreichende Debatte über Überstunden und Wochenarbeitszeit ausgelöst hat, sieht allerdings auch positives in Überstunden.
So spreche die geleistete Mehr-Arbeitszeit für ein flexibles Wirtschaftssystem wodurch das Land wettbewerbsfähiger würde. Zudem seien Mehr-Arbeitsstunden in Ordnung, solange das Arbeitsrecht eingehalten werden würde, und dies sei in Deutschland der Fall.
Bildquelle: Eisenhans – Fotolia.de
Kommentieren via:
'Überstunden – Deutsche arbeiten mehr' has no comments
Jetzt kommentieren